Nachwuchs bei der Polizei : Zwei Heinsberger lassen sich von hartem Job nicht schrecken

12.000 junge Menschen bewerben sich jedes Jahr in NRW für eine Polizisten-Ausbildung. 2770 Polizeianwärter wurden allein im letzten Jahr vereidigt. Wir haben zwei junge Kommissare in Heinsberg gefragt, was sie am zunehmend härteren Dienst so reizt.

Ob bei Demonstrationen, Schlichtungsversuchen bei Streitigkeiten oder Fällen von häuslicher Gewalt – immer wieder werden Polizisten damit konfrontiert, dass sie selbst zur Zielscheibe von aggressivem und respektlosem Verhalten werden. Tendenz steigend. Und dennoch, für Max Zillgens aus Hastenrath hat es nie einen Plan B gegeben. Ein anderer Beruf als der des Polizisten kam für den sportlichen jungen Mann nicht in Frage. „Ich habe mich nach der Schule nur bei der Polizei in NRW beworben. Für mich war das schon ein Kindheitstraum. Wenn ich ein Polizeiauto mit Blaulicht gesehen habe, bekam ich immer leuchtende Augen“, sagt der 22-Jährige, der wie seine gleichaltrige Kollegin Maria Sperling aus Braunsrath zu den rund 20 jungen Neuankömmlingen in der Kreispolizeibehörde Heinsberg zählt, allesamt frischgebackene Kommissarinnen und Kommissare.

Im Gegensatz zu Sperling war Zillgens nicht schon „erblich vorbelastet“. In seiner Familie gab es bislang noch keinen Ordnungshüter. „Ich bin der erste“, sagt er. Bei Sperling hingegen trugen schon Onkel und Tante Uniform. Und ihre Mutter arbeitet als Angestellte bei der Heinsberger Kreispolizei. Da lag wohl nahe, dass die junge Frau bei einem „Boys and Girls-Day“ im Rahmen ihrer Schulzeit an der Höheren Handelsschule in Geilenkirchen auch mal bei der Polizei reinschnuppern würde.

Dass es unbedingt die Polizistenlaufbahn werden müsse, stand bei Sperling allerdings nicht von Anfang an und unumstößlich fest wie bei ihrem Kollegen. „Ich habe alle Schulpraktika im Verwaltungsbereich absolviert und dabei schnell gemerkt, dass die reinen Bürojobs nichts für mich sind, weil sie mir nicht genug Abwechslung bieten“, erklärt sie. Das, so spürte sie, war bei der Polizei anders.

 Nah am Bürger, aber nicht immer erwünscht oder gar respektiert: Der Job des Polizisten verlangt oftmals Nervenstärke, Durchsetzungsvermögen und Mut.
Nah am Bürger, aber nicht immer erwünscht oder gar respektiert: Der Job des Polizisten verlangt oftmals Nervenstärke, Durchsetzungsvermögen und Mut. Foto: dpa/Roberto Pfeil

Beide Polizisten mussten ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. Kein Wunder, denn immerhin bewerben sich jährlich allein in Nordrhein-Westfalen rund 12.000 junge Leute für eine Laufbahn bei der Polizei. Im letzten Jahr wurden 2770 Polizeianwärter vereidigt. Drei Tage lang werden die Bewerber auf Herz und Nieren getestet. Letzteres allerdings erst wirklich an Tag drei, denn dann steht die ärztliche Eignungsuntersuchung an. Am ersten Tag ging’s bei einer Prüfung am PC in Münster um die Allgemeinbildung und am zweiten Tag durchliefen sie in Linnich oder Aachen ein Assessment-Center.

Es war im Mai 2020, als die Aufnahmebestätigung ins Haus geflattert sei, erinnert sich Zillgens. Den Tag wird er nicht vergessen. „Ich war total glücklich, weil mein Plan aufgegangen ist.“

Sperling und ihr Kollege sind derzeit im Wach- und Wechseldienst eingesetzt. Sie sind also naturgemäß mit anderen Kollegen die ersten, die vor Ort sein müssen, wenn irgendwo Not am Mann ist und das Eingreifen der Polizei erforderlich wird. Bisweilen kann dies, wie eingangs geschildert, zu durchaus brenzligen Situationen führen. Ob ihre Familien ihnen gerade aus diesem Grund von dem Beruf des Polizisten abgeraten hätten? „Nein“, sagen beide übereinstimmend. Diese Frage habe sich eigentlich nie gestellt.

„Ich hatte auch das Vertrauen, dass wir in den drei Jahren Ausbildung schon gut auf diese Situationen vorbereitet werden“, meint Zillgens. Dass sowohl er als auch Sperling stets recht sportlich unterwegs waren, vom Fußball über die Leichtathletik bis hin zum Showtanz, war da sicher nicht hinderlich. Bewerber müssen ohnehin das Deutsche Sportabzeichen und den Rettungsschwimmer-Nachweis vorlegen können.

„Man sollte als Frau gerade in dem Beruf arbeiten, um das Bild in den Köpfen der Menschen zu ändern und zu zeigen, dass auch Frauen heikle Situationen bewältigen können“, ist Polizeipressesprecherin Angela Jansen überzeugt. Durch die umfassende Ausbildung, ob nun geistig, körperlich oder an der Waffe, zeige sich schnell, dass es dabei gar nicht auf schiere Körperkraft ankomme, denn mit der richtigen Technik lasse sich auch ein vermeintlich stärkerer Angreifer außer Gefecht setzen.

Letztlich, so sagen die beiden Jung-Kommissare unisono, die jetzt das Team der Kreispolizei verstärken, sei es aber etwas anderes, das sie an ihrem Beruf wirklich fasziniere. „Wenn Menschen die Polizei rufen, befinden sie sich ja in einer Ausnahmesituation und es gefällt mir am meisten, ihnen dann helfen zu können.“ So hat das alte Klischee vom Polizisten als „Freund und Helfer“ offenbar in den Köpfen der jungen Polizisten längst noch nicht ausgedient.