Teure Telefonverträge in Aachen : Das muss aufgearbeitet werden!
Meinung Aachen Telefonverträge aus dem Jahr 2004? Das ist keine Loyalität, sondern für die Aachener Bürger eine teure Geldverschwendung. Redakteurin Annika Kasties sieht in der Causa ein strukturelles Problem.
Was haben Werder Bremen, Gerhard Schröder und George W. Bush gemeinsam? Sie alle haben schon erfolgreichere Zeiten hinter sich. Zum Beispiel im Jahr 2004. Damals war Gerhard Schröder als Bundeskanzler ganz oben auf der Karriereleiter angekommen und irritierte noch nicht mit skurrilen Auftritten bei Instagram.
Der SV Werder Bremen wurde in München zum Deutschen Fußballmeister gekrönt. Heute dümpelt der Verein in der Bundesliga in der unteren Tabellenhälfte vor sich hin. Und George W. Bush wurde erneut zum US-Präsidenten gewählt.
Ein weiterer Meilenstein aus dem Jahr 2004? Die Stadt Aachen schloss einen Telefonvertrag ab. Und blieb diesem treu. Bis heute. Fast 20 Jahre später.
Man könnte dieses Festhalten an bewährten Strukturen als Zeichen der Loyalität werten, immerhin eine durchaus lobenswerte Tugend – wenn nicht die Aachenerinnen und Aachener dafür die Quittung zahlen müssten. Und die fällt teuer aus. Zu teuer.
Denn in der Stadtverwaltung gelten beim Telefonieren noch Konditionen, die längst überholt sind. Zum Beispiel eine minutengenaue Abrechnung. Flatrate? Fehlanzeige! Dass die Stadt vermutlich massiv Geld verschwendet hat, ist das eine. Dass sie dabei auch rechtswidrig gehandelt hat, das andere. Eigentlich hätte die Stadt den Generalvertrag fürs Telefon in den zurückliegenden fast 20 Jahren zwingend neu ausschreiben müssen – mehrfach sogar.
An dieser Stelle von dringendem Handlungsbedarf zu reden, ist fast schon eine Untertreibung. Dass ein Jahr, nachdem die Rechnungsprüfer ebendiesen angemahnt haben, fast nichts passiert ist, ist völlig unverständlich. Offenbar liegt hier strukturell einiges im Argen, das dringend intern aufgearbeitet werden muss. Das Problem dieser Causa ist nämlich nicht, dass diese öffentlich wurde, sondern dass es überhaupt so weit gekommen ist.
Wer in diesem konkreten Fall einen Zusammenhang zu den Nebentätigkeiten konstruieren will, die insgesamt 1170 Beschäftigten der Stadtverwaltung angemeldet haben, tut den Mitarbeitern, die mit der Telefonie betraut sind, übrigens unrecht. Schließlich sind für das Management von Tausenden Telefonen gerade mal 1,5 Stellen vorgesehen.
Unverhältnismäßig ist auch die Häme, die nun einige Leute beim Thema Nebenjob über die Verwaltung ausgießen. Nicht hinter jeder Nebentätigkeit verbirgt sich ein finanziell lukratives Geschäft. So manche Nebenbeschäftigung ist nämlich eher im ehrenamtlichen Engagement anzusiedeln. Wer jedoch zusätzlich zur regulären Arbeitszeit noch 43 Stunden pro Woche nebenher arbeiten kann, sollte sich durchaus fragen, ob der eigentliche Beruf noch angemessen ausgeführt werden kann.
Apropos Häme: Die findet sich leider auch immer wieder in den Kommentarspalten wieder, wenn es um den Ausbau der Radinfrastruktur geht. Dabei geht es um wichtige Investitionen, die nicht nur kurzfristig den Alltag von Zweiradfahrern erleichtern, sondern vor allem langfristig zum Gelingen der Mobilitätswende beitragen sollen.
Ein Beispiel sind die neuen Fahrrad-Boxen. Rechnerisch kostet die Schaffung eines einzigen sicheren Stellplatzes in diesem Fall rund 4000 Euro. Ist das teuer? Zum Vergleich: Bauexperten taxieren die durchschnittlichen Kosten bei der Erstellung von Parkhaus-Stellplätzen fürs Auto aktuell in einer Spannbreite von 9000 bis 25.000 Euro. Ganz abgesehen von dem Preis, den jede und jeder für den klimaschädlichen CO2-Ausstoß zahlt.
Trotzdem ist es natürlich berechtigt zu hinterfragen, ob sichere Abstellplätze fürs Fahrrad nicht auch günstiger zu haben sind. Ein Blick über die Grenze zu den Nachbarn könnte helfen, regte eine Leserin in einer Mail an die Redaktion an. So werde in Kerkrade ein ungenutztes Ladenlokal als bewachter Fahrrad-Abstellplatz genutzt – kostenlos. Klingt nach einer Idee, der man nachgehen sollte!
Ein schönes Wochenende!